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Božena Nawka-Kunysz
1946-2000

Božena Nawka-Kunysz gehört mit ihrem Schaffen als Malerin, Illustratorin und Grafikerin zu den bedeutenden sorbischen Künstlern der Nachkriegsgeneration. – In eine musische Familie geboren, wuchs Božena Nawka-Kunysz mehrsprachig - die Mutter war Polin, der Vater Sorbe - in Radibor, PoznaÅ„ und Bautzen auf, was ihre künstlerische Ausdruckskraft stark prägte. Das Abitur legte sie 1965 an der Sorbischen Erweiterten Oberschule in Kleinwelka (sorb. MaÅ‚y Wjelkow) bei Bautzen ab. Sie studierte an der Krakauer Akademie der bildenden Künste (poln. Akademia Sztuk PiÄ™knych im. Jana Matejki w Krakowie) in der Außenstelle in Katowice, Abteilung Malerei/Grafik, bei den Professoren Andrzej Pietsch (Grafik/Lithografie) und Gerard Labus (Gebrauchsgrafik). 1972 beendete sie das Studium mit dem Diplom. Danach arbeitete Božena Nawka-Kunysz freischaffend sowohl in Polen als auch in Deutschland. Sie illustrierte sorbische Printmedien, u.a. die Kinderzeitschrift „PÅ‚omjo“ (Flamme), die Tageszeitung „Serbske Nowiny“ (Sorbische Zeitung), den Jahresalmanach „Protyka“ (Kalender) sowie die kulturpolitische Monatsschrift „Rozhlad“ (Umschau). Zudem arbeitete sie als Grafikerin für die renommierte polnische kulturpolitische Wochenzeitschrift „PoglÄ…dy“ (Ansichten). – Mit der Familiengründung verlegte N. ihren Wohnsitz endgültig nach Katowice. Seit 1972 war sie Mitglied des Kreises sorbischer bildender Künstler und gleichzeitig außerordentliches, ab 1978 ordentliches Mitglied des Verbands der Bildenden Künste Polens. N. unternahm Studienreisen u.a. in die Schweiz, nach Russland, Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. 1 von 6 Sächsische Biografie Nawka-Kunysz, Božena Jugoslawien, Österreich, Italien und Frankreich. – N.s Ausdrucksmittel verweisen nicht auf die Differenzierung verschiedener kultureller Phänomene zwischen Eigenem und Fremden, sondern auf die Präsenz des einen im anderen. Einen breiten Raum in ihrem Schaffen nahmen Fokussierungen auf Beziehungen zwischen Mann und Frau sowie die Frage nach der Verteilung und der Asymmetrie von Macht ein. Sie betrachtete Kultur nicht als eine feste Substanz, sondern eher als vielfältige, mobile Beziehungen. N.s Werke vermitteln Botschaften über ihre ganz persönlichen Ansichten, Kompetenzen und Sensibilitäten der menschlichen Beziehungen und Gefühle, die sie nicht verschwieg oder überspielte, sondern für ihre Rezipienten sichtbar machte. – Die Bilder von Božena Nawka-Kunysz rufen unterschiedlichste Assoziationen hervor: farbige Schreie, Versteckspiel hinter Masken, das Suchen zwischen Hoffnung und Tod nach dem anderen Teil von sich, bunte Einzelteile einer zertrümmerten Welt, ewiger Wunsch nach dem Davonfliegen. – N. erweiterte mit ihren aus der polnischen Grafik der Krakauer Schule erworbenen Fähigkeiten das Stilrepertoire der sorbischen Kunst um surrealistische Züge. Sie mied durch freie Handhabung ihrer künstlerischen Ausdrucksmittel den übersteigerten Traditionalismus von sorbischen Folkloremotiven, die sie aber trotzdem in ihren Bildern als Traumwelten erscheinen lässt, die Diesseitiges und Jenseitiges gleichnishaft verknüpfen. Mit dem ihr eigenen Stil als Buchillustratorin hinterließ Božena Nawka-Kunysz besonders im Bereich der sorbischsprachigen Lyrik von Kito Lorenc, Beno Budar, Benedikt Dyrlich und Tomasz Nawka ein unverwechselbares grafisches Gesicht und bereicherte die sorbische Buchgestaltung nachdrücklich. – Werke von N. befinden sich im Sorbischen Museum in Bautzen und in Privatsammlungen in verschiedenen europäischen Ländern und in den USA

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Quelle: Ludmila Budar, Nawka-Kunysz, Božena, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi/ (11.4.2020)

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"Sehr gern schreibe ich diese Worte, denn an meine jüngere Kollegin erinnere ich mich als an einen Menschen, der natürlich und ohne künstlische Allüren seinen Weg gegangen ist. Aus der nicht sehr grossen Schar der Studierenden und angehenden Debütanten fiel sie durch ihr grosses, ja überdurchschnittliches Talent auf, und sicher erinnert sich jeder aus der damaligen Zeit an sie. Aber wenige wussten - war auch unter ihnen? - , dass diese schöne und sich von den anderen durch ihre Sprache und ihr bescheidenes Auftreten abhebende junge Frau eine arbeitsame, fleissige, geschickte und anspruchsvolle Künstlerin ist.
Sie kam aus einer geheimnisvollen Region an der Lausitzer Neisse, aus einem Kulturkreis, von dem wir wenig wussten. Sie machte uns mit dieser Kultur bekannt und brachte uns einen bis dahin unbekannten soliden Arbeitsstil näher. Später, als die Absolventen auseinandergingen und Ihre eigenen Wege einschlugen, prahlte sie nicht mit ihren Leistungen...
...In den 80er Jahren habe ich eine Gemeinschaftsausstellung Kattowitzer Künstler besucht, und mich überraschte ein dort ausgestelltes Bild von Božena. Das Bild war bemerkenswert, obwohl es sich in der Menge der dort ausgestellten Objekte ein wenig verlor. Irgendwo erfuhr ich, dass sie auch erfolgreich als Illustratorin arbeitet und viele Bücher illustriert hat. Diese Tatsache war deshalb in unserem Künstlermilieu wenig bekannt, weil ihre Arbeiten vor allem an die Leser des sorbischen Domowina-Verlages gerichtet sind. In dieser Zeit habe ich einige Male mit Božena gesprochen. Ich bat sie um Informationen über die Sorben, weil mich die Kultur der Westslaven besonders interessiert. Im Jahre 1990 besuchte ich das erste und letzte Mal die ehemalige DDR... Ich war auf der Durchreise in Bautzen und traf Boženas Eltern und ihren Bruder. Mir wurden Bilder gezeigt. Es waren eindrucksvolle poetische Malereien aus der Welt der Märchen und Phantasien, der Träume und Sehnsüchte. Bilder, die ihren Zeichnungen ähnlich waren. Nachts, im Zug nach WrocÅ‚aw (Breslau), durchblätterte ich ein Buch mit Gedichten ihres Bruders Tmasz Nawka, das sie illustriert hatte. Wenn diese Gedichte, in einer für mich wenig verständlichen Sprache, so gefühlvoll und gut wie die sie ergänzenden Illustrationen sind, dann kann ich von einem Werk gesteigerter Poesie sprechen: der geschriebenen und der zeitlos ins Bild gezauberten..."

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Henryk Waniek / Warszawa - Maler, Publizist und Kunstkritiker - aus dem Prospekt zur Personal Austellung  von Božena Nawka-Kunysz im Schlesischen Museum in Kattowitz im Mai 1993

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